Das gerichtliche Verfahren besteht aus zwei Abschnitten:
Im Zwischenverfahren übernimmt das Gericht den „Fall“ von der Staatsanwaltschaft. Sie als Verletzte oder Verletzter können von der Staatsanwaltschaft hierüber informiert werden. Mit der Verfahrensübernahme wird der Sache bei Gericht ein neues Aktenzeichen zugeordnet
Prüfung des Strafbefehls
Mit der Anklage oder dem Antrag auf Erlass eines Strafbefehls (schriftliches Urteil) übersendet die Staatsanwaltschaft alle Akten und Beweismittel an das von ihr ausgewählte Gericht, das von nun an zuständig ist. Das Gericht prüft zunächst, ob eine Verurteilung der beschuldigten Person nach der Beweislage in den Akten wahrscheinlich ist.
Ist dies der Fall und hat die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Erlass eines Strafbefehls gestellt, prüft das Gericht weiter, ob es die von der Staatsanwaltschaft vorgeschlagene Strafe für angemessen hält. Ist das Ergebnis der Prüfung positiv, unterschreibt das Gericht den Strafbefehl, der dem Beschuldigten als schriftliches Urteil zugestellt wird. Der Beschuldigte kann gegen dieses schriftliche Urteil Einspruch einlegen.
Hat der Beschuldigte gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt, setzt das Gericht einen Termin zur Hauptverhandlung fest.
Wenn das Gericht die von der Staatsanwaltschaft vorgeschlagene Strafe nicht für angemessen hält, setzt es eine Hauptverhandlung fest.
Prüfung der Anklage
Hat die Staatsanwaltschaft eine Anklage erhoben, stellt das Gericht dem Beschuldigten die Anklage zu und gibt ihm Gelegenheit, zur Sache nochmals Stellung zu nehmen. Danach wird vom zuständigen Gericht ein Hauptverhandlungstermin festgesetzt.
Der Beschuldigte, der dann als Angeklagter bezeichnet wird, muss zu keinem Zeitpunkt selbst zu seiner Überführung beitragen. Er darf schweigen oder auch seine Sicht zur Straftat und zur Anklage der Staatsanwaltschaft vortragen, auch wenn das nicht der Wahrheit entsprechen sollte.
Das Hauptverfahren umfasst die Planung und Vorbereitung der Hauptverhandlung als wichtigstem Teil des gerichtlichen Verfahrens, die Ladung aller notwendigen Verfahrensbeteiligten und die Durchführung der Hauptverhandlung. Verantwortlich ist das Gericht.
In der Hauptverhandlung muss dem oder der Angeklagten die Tat bewiesen werden, d.h. es müssen alle Beweismittel angesehen oder angehört werden. Das bedeutet meistens, dass alle Zeugen, auch Sie als verletzte Person (erneut) aussagen müssen, es sei denn es besteht ein Zeugnisverweigerungsrecht. Auch bei dieser Vernehmung können Sie als Verletzte oder Verletzter während Ihrer Zeugenvernehmung auf Ihren Antrag eine Vertrauensperson bei sich haben, beispielsweise Freund oder Freundin, oder eine professionelle Beraterin oder Berater (Zeugenbegleitung, psychosoziale Prozessbegleitung, Opferschutz). Ein solcher Antrag darf nur ausnahmsweise abgelehnt werden. Dies muss begründet werden. Zusätzliche Beweismittel und Zeugen oder auch Sachverständige können von der Staatsanwaltschaft, der Nebenklage, der Verteidigung und den Angeklagten benannt und in das Verfahren eingebracht werden.
Der oder die Angeklagte hat das Recht Erklärungen abzugeben und zu jedem Beweismittel, auch zu jedem Zeugen, Stellung zu nehmen.
Die Hauptverhandlung besteht aus der Beweisaufnahme, den Plädoyers von Staatsanwaltschaft, Nebenklage – soweit vorhanden – und Verteidigung, dem letzten Wort des oder der Angeklagten, der Beratung des Gerichts und dem Urteil des Gerichts, das öffentlich verkündet werden muss.
Die Hauptverhandlung beginnt mit der Feststellung der Anwesenden einschließlich ihrer Personenidentität, der Verlesung der Anklage und der Vernehmung des oder der Angeklagten. Auch im gerichtlichen Verfahren ist der oder die Angeklagte berechtigt zu schweigen und muss nichts zur Täterschaft oder zur Entlastung sagen.
Wenn in der dann folgenden Beweisaufnahme alle Beweismittel angesehen, angehört, erörtert und eingebracht wurden und keine weiteren Beweise mehr für erforderlich gehalten werden, wird die Beweisaufnahme geschlossen. Es folgen dann die Plädoyers, das letzte Wort des oder der Angeklagten, die Beratung und das Urteil.
Wenn die Straftat kein Verbrechen ist, kann das Gericht das Verfahren mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des oder der Angeklagten und ggf. seiner Verteidigung noch einstellen und in diesem Zusammenhang dem oder der Angeklagten Auflagen oder Weisungen erteilen.
Die Hauptverhandlung endet mit dem Urteil, durch das der oder die Angeklagte entweder zu einer Strafe verurteilt oder freigesprochen wird. Neben oder anstelle einer Verurteilung kann das Gericht im Einzelfall auch die Unterbringung der oder des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt, einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung anordnen.